Heusslein liefert Treppe für das englische Königshaus

13. August 2019

In Großbritannien dürfte er sich jetzt „Royal Warrant“ nennen, auf deutsch „Hoflieferant“. Schreiner Walter Heußlein aus Billingshausen liefert nämlich einen großen Treppen-Komplex für die Empfangshalle des neuen königlichen Botanischen Gartens in der schottischen Metropole Edinburgh.

Und  Queen Elizabeth II. wird mindestens einmal in ihrem Leben – bei der Eröffnung im März kommenden Jahres – die Stufen hinaufgehen, nein: emporschreiten.

Bis Montag dieser Woche stand die Wendeltreppen-Konstruktion vollständig aufgebaut in der Werkstatt des Handwerkskammer-Präsidenten in Billingshausen.

Nur noch letzte Restarbeiten waren zu vollenden. Wie zum Beispiel Bohrungen oder letzte Korrekturen am Kabelnetz für die dezente Stufenbeleuchtung.

Jetzt wartet die Treppe, in vier wuchtige Elemente zerlegt, auf den Transport mit dem Lastwagen nach Edinburgh.

Durch den Kanaltunnel wird das Bauwerk aufs englische Festland gebracht.

„Insgesamt besteht die Treppe aus 600 Einzelteilen“, schildert Walter Heußlein. „Sie wiegt rund acht Tonnen, ist einschließlich Geländer fast sechs Meter hoch, hat 25 Stufen sowie einen Durchmesser von rund 4,50 Meter.“

Die Länge des Außengeländers gab Heußlein mit etwa 17 Meter an. Etwa 600 Stunden haben Walter Heußlein, Sohn Thomas und seine Mitarbeiter an dem Werk geleimt, geschraubt, gefräst, gebohrt, gefeilt, poliert.

Die Brücke besteht fast ausschließlich aus Oregon-Pinien.

Das Holz stammt aus den USA und wurde von der Marktheidenfelder Firma Woodtrade (auf deutsch „Holzhandel“) geliefert.

Durch sie kamen auch die Kontakte zwischen dem britischen Planungsbüro und der Firma Heußlein zustande. Heußlein ist in der Branche für Holzprodukte mit ausgeprägten Rundungen bekannt.

Jene Rundungen um das Auge, den Mittelpunkt der Treppe, waren die kompliziertesten Arbeitsgänge. Sie alle wurden aus Leimholz-Blöcken gefräst. Das Pinienholz allerdings war zu weich für die Stufen. „Die wären rasch ausgetreten“, sagt Heußlein.

Deshalb hat er sie mit trittfesten Platten aus geräucherter Spessarteiche belegt. „Die halten ganz schön was aus.“

Bevor Walter Heußlein den Zuschlag bekam, reiste er zweimal nach Schottland. Er informierte sich über den Standort und dessen Eigenheiten.

Dann fertigte er ein Modell im Maßstab 1:10 an. „Ich bin weniger auf die Laurenzimess' gegangen und hab dafür am Modell gearbeitet.“

Drei Tage hat er dafür gebraucht. Dann hat er das Modell abgeliefert und wollte es später wieder zurück. „Die haben es aber für sich behalten, um es für weitere Projekte anderswo vorstellen zu können“, erzählt er.

Heußlein besteht darauf, dass er und seine Mitarbeiter die Endmontage selbst übernehmen. Dies werde etwa eine Woche dauern, schätzt er.

Bevor der Meister und seine Gesellen frisch ans Werk gehen konnten, galt es noch einen Hoffnungsseufzer gen Himmel zu schicken. Am 7. Oktober sollten eigentlich die Leimholz-Blocks in Billingshausen eintreffen.

Allerdings landeten die Container in der Dominikanischen Republik und galten eine Zeit lang als verschollen. Mit dreiwöchiger Verspätung kamen sie im Landkreis Main-Spessart an.

„Aber als mittelständischer Betrieb konnten wir sehr flexibel reagieren. Den Termin der Fertigstellung haben wir ohne Probleme geschafft“, sagt Heußlein.

Ob er zu Eröffnung des Botanischen Gartens durch die Queen eingeladen wird? Walter Heußlein rechnet nicht damit. Ihm reicht's, wenn das königliche Bauamt mit seiner handwerklichen Leistungen zufrieden ist.

Und mit dem Preis. Nicht, dass die Schotten knausern.